Weniger Herbst als vielmehr zweiter Frühling

13.12.2011

Vor einigen Tagen hat Katrin Ribbe, Redakteurin des Magazins kULTich, dem Herbst’schen Haus einen Besuch abgestattet. Ihre ersten Eindrücke sind in der aktuellen Ausgabe von kULTich (Nr. 31, Ausgabe Dez.2011/Jan.2012) zu lesen:

 

„Bei einem Workshop in der Dossestadt lerne ich die sympathische Museumsleiterin des Wege-Museums Wusterhausen kennen. Und weil es schon mehrmals an mein Ohr gedrungen war, wie toll das soeben sanierte Haus der Kaufmannsfamilie Herbst gelungen ist, lade ich mich gleich mal ein. Montagnachmittag und eigentlich geschlossen. Ich öffne die große schwere Tür des strahlenden Fachwerkgemäuers und bleibe sprachlos stehen. WOW! Mehr fällt mir gar nicht ein. Das hier hat nichts mehr mit dem kleinen vollgestopften Heimatstübchen zu tun, dass ich damals als Schüler der 4. Klasse besuchte. Das Ganze sieht weniger nach Herbst als vielmehr nach einem zweiten Frühling für das im Jahr 1764 erbaute Haus aus. Ich warte etwas unbeholfen am Empfangstresen und schaue mich um. Alte geschliffene Holzdielen, Türen mit Kastenschlössern, rote achteckige Tonkacheln… Sind die neu? Der Wartebereich schlicht und modern. Hinter Glas-Bannern Reste von Tapeten, freigelegt während der Sanierungsarbeiten. Ganz verstohlen werfe ich einen Blick auf den schönen Innenhof, den noch letzte Sonnenstrahlen in ein warmes Licht tauchen. Aus dem oberen Stockwerk höre ich Stimmen und steige die Treppe hinauf. Wie langsam man automatisch wird… Irgendwie: ehrfürchtig. Andrea Perlt hat soeben ein Telefonat beendet und kommt mir nun lachend entgegen. Weil sie sich freut mich zu sehen? Weil ich dastehe wie ne Dreijährige? Egal. Sie führt mich durch das Museum. Warum nun aber Wege-Museum? Andrea Perlt erzählt: Den Anstoß gab der Kulturverein Wusterhausen im Jahr 2000. Man wollte das Denkmal „Herbst‘sches Haus“ erhalten, als Kulturzentrum fördern. Und bei einer kompletten Sanierung bot sich eben an, das Konzept neu zu überdenken. Es gab ja verschiedene historische Wege: Handelswege, Pilgerwege… die Transitstrecke führte durch Wusterhausen…Da bot sich dieses übergeordnete Leitthema eben an…Und zieht dadurch natürlich auch Gäste von Außerhalb an… Der heimatkundliche Charakter jedoch sollte bestehen bleiben. Und genau dieser Spagat ist den Studenten der FH Potsdam wirklich gelungen! Eine perfekte Balance zwischen alten Exponaten und moderner, zurückhaltender Präsentation… genial. Dazu die Mediainstallationen… Bereits im Eingangsbereich die erste Überraschung: Beim Betreten des Raumes ertönt aus Lautsprechern das Geklapper von Pferdehufen auf altem Pflaster, beim Betrachten des Lackprofils, wie man wohl fachmännisch zu dem Querschnitt von bei Ausgrabungen entdeckten Bodenschichten sagt, fährt ein Trabi an uns vorbei. Klasse. Hinter Glas sieht man sehr gut, wie Straßen zwischen dem 13. und 17.Jhdt. gebaut wurden: im unteren Bereich lagen Holzbohlen, darüber Reisigpackungen, denn das Gebiet hier war sehr sumpfig, darüber verschiedene Sandschichten… Auch steht hier ein Kartenterminal, auf dessen Bildschirm man sich altes Kartenmaterial ansehen kann. Am Beeindruckendsten (so im Nachhinein) fand ich den „Tunnel der Entschleunigung“. Wir möchten, dass der Besucher seinen Alltagsstress draußen lässt und sich einstellt auf das, was ihn auf seinem Rundgang erwartet. Er soll seine Sinne schärfen, damit er alles wahrnehmen kann. Und so gehe auch ich durch diesen Gang und: entschleunige. Eine alte Küchenuhr über mir zieht die Aufmerksamkeit auf sich, denn die Stimme einer alten Dame spricht zu mir. Ausschnitte aus unseren umfangreichen Zeitzeugenberichten, werde ich flüsternd aufgeklärt. Eine große alte Standuhr „redet“ nun. Ein alter Herr erzählt von seinen Erlebnissen mit westdeutschen Transitreisenden. Und so werde ich von alten Uhren und ebenso alten Wusterhausenern eingestimmt auf das Kommende. Die einzelnen Themen tauchen beim Rundgang immer wieder auf. Genial. Von der Frühgeschichte bis zum Heute wandelt man durch viele kleine und größere Räume. Ganz so, wie das in alten herrschaftlichen Häusern so war: im Wechsel gute Stube, Zofenkammer - eine Sichtachse entsteht. Es würde zu weit führen, Ihnen jedes Exponat näher zu erläutern, nur so viel sei gesagt: Es ist einfach sehr anschaulich gestaltet, überschüttet einen nicht mit endlosen Schautafeln und Texten, sondern ermutigt, selbst zu entdecken, auch wenn die nächste Info ganz dezent in einer Schublade „versteckt“ ist… Sie müssen sich das wirklich einmal ansehen, es lohnt absolut. Spätestens die alten Filmaufnahmen (ab 1960) sollten Sie interessieren… oder die Geschichten der Einwohner, die sich an Erlebnisse erinnern und die man sich sitzend, pausierend… wie auch immer… anhören kann . Ich bin schwer beeindruckt. Und ich komme gar nicht drüber hinweg, dass unser kleines Wusterhausen solch einen Schatz beherbergt!

Können Sie hiermit etwas anfangen? Knochenschüttler|Wusterhausen-Schusterhausen?| Sommerfrische Wusterhausen| Großer Stadtbrand| Die 4 Ehebücher der Familie Dombrowski

Nein? Ich sag doch, Sie müssen herkommen!

Machen Sie sich auf den Weg. Ist ja schließlich ein Wegemuseum. Hah! Und da schließt sich der Kreis.

;-)“

 

Katrin Ribbe

 

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