Kleiner Streber Feminismus und das Ende der Jugend

Wusterhausen/Dosse, den 23.09.2016
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Wer gern lacht und Spaß an hintergründiger, leichter Lektüre hat, der war am Freitagabend im Alten Laden des Herbst`schen Hauses in Wusterhausen genau richtig. Hier las innerhalb der Reihe „Literarischer Bilderbogen“ der Bibliotheken Sarah Bosetti aus ihrem Buch „Mein schönstes Ferienbegräbnis“ und aus unveröffentlichten Texten. Seit 2009 tritt die 32-Jährige, die in Aachen aufwuchs und jetzt in Berlin lebt, auf Lesebühnen, Kabarettbühnen und bei Poetry Slams auf. Sie ist Kolumnistin bei Radio 1 und schreibt seit Anfang des Jahres ebenfalls für „Das Magazin“. 2013 wurde sie mit „Team Mikrokosmos“ (Sarah Bosetti und Daniel Hoth) deutschsprachige Vizemeisterin im Poetry Slam. 2014 erschien ihr erstes Buch „Wenn ich eine Frau wäre“. Schon 2015 folgte „Mein schönstes Ferienbegräbnis“ mit folgendem Inhalt: Mit ihrem Freund Ulf schlägt sich Sarah durch den unsicheren Dschungel des großstädtischen Künstlerdaseins – orientierungslos und pleite. Aber sie sind jung und dynamisch. Sarah Bosetti erzählt mit Feingefühl, Sprachwitz und hintersinnigem Humor vom Ende der Jugend. Das Alter wird nicht ausgeklammert. Es sei ja kein Schicksal, das nur wenige ereilt, die von der Jugend betrauert werden müssten. Immerhin könne man dann in einer fast leeren Bahn zum einzigen besetzten Platz gehen und zu dem dort sitzenden Zwanzigjährigen sagen: „Gib mir deinen Platz, sonst brech ich erstens zusammen und zweitens auf deine Schuhe.“

Skurril, fies und bissig können die Texte von Sarah Bosetti sein, wenn die Unwegsamkeit zwischenmenschlicher Beziehungen thematisiert wird. Doch auch Nachdenklichkeit und Melancholie zeichnen sie aus. Das konnten die Zuhörer feststellen. So verkündete die Autorin in Wusterhausen, wie von der Lesebühne gewohnt in beeindruckend langer, freier Rede, ihre Ansichten zum Feminismus: „Ich bin Feministin, aber ich wünschte, es gebe keinen Feminismus. Feminismus hat immer Recht, ist der kleine Streber, der im Deutschunterricht anfängt, die Grammatik der anderen zu berichtigen. Feminismus nervt.“ Ebenfalls großes Gelächter erntete ihre Ansicht, dass Gott eventuell bei einigen Menschen Darm und Gehirn verwechselt hätte. Diese Idee sei ihr im Sprechzimmer ihres Arztes angesichts der anatomischen Darstellung von Gehirn und Darm gekommen. Deshalb würden wohl „die Köpfe einiger Menschen nur braune Masse produzieren“. Andere wiederum würden „Scheiße denken, aber nur klug scheißen“.

Dass Tempo, im Denken und Formulieren, ein Markenzeichen der jungen Autorin ist, das konnten die Zuhörer im bis auf den letzten Platz besetzten Alten Laden live erleben. Fast war man versucht zu rufen: „Luft holen nicht vergessen“, als Bosetti zum Schluss aus dem Buch „Mein schönstes Ferienbegräbnis“ einen Ausschnitt las, den sie als „Die Boote“ überschrieb. Diesen Text bezeichnete sie als „das Beste, das ich je verfasst habe. Da habe ich all meine Klugheit reingeschrieben“. Ohne Punkt und Komma las sie dann die humorvolle Passage über einen Familienurlaub vor, und die Zuhörer kamen mit dem Lachen kaum nach.

 

Renate Zunke

 

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