Familienbilder eines Vielschreibers

Wusterhausen/Dosse, den 09.05.2017
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Fallada-Ausstellung begann mit einem interessanten Vortrag über das Museumshaus in Carwitz

 

Wolfgang Hörmann

War Hans Fallada jemals in der Prignitz oder im Ruppiner  Land? Hat der Schriftsteller auch nur eine seiner Geschichten hier angesiedelt? Ließ er zwischen Perleberg und Neuruppin irgendwann mal von sich hören? Die einen sagen so, die anderen sagen so. Dabei gilt zweierlei als sicher: Nein, von einem persönlichen Aufenthalt ist nichts bekannt. Und: Ja, man hat schon viel von ihm gehört, gerade erst wieder, am Nachmittag des 2. Mai in Wusterhausen an der Dosse, im 70. Jahr nach seinem Todestag. Allerdings brauchte es dazu einen zum Weitersagen, einen sachkundigen Übermittler. Als  die neue Ausstellung "Hans Fallada - Familienbilder" im "Alten Laden" des Herbst'schen Hauses am Markt eröffnet wurde, da konnte es mit Stefan Knüppel keinen besseren geben. Der Leiter des Fallada-Hauses in Carwitz, das sich 1995 anschickte, als Museum literarische Traditionspflege zu betreiben, führte eine knappe Stunde lang virtuell über das Anwesen am Carwitzer See. Die bunten Bilder auf der weißen Leinwand ließen die Besucher  der Vernissage eintauchen in die Wohnwelt, in der Rudolf Ditzen alias Hans Fallada von 1933 bis 1944 lebte mit Frau Anna und den drei Kindern Uli, Achim und Lore. Am längsten durften die Besucher des "Ladens" im einstigen Wohn- und Arbeitszimmer der Familie Ditzen verweilen. Sie schauten über  den Tisch mit der Schreibmaschine hinweg, daneben Kaffeekanne und Aschenbecher, auf gute gefüllte Bücherschränke. Hans Fallada war nicht nur Schreiber, sondern auch Sammler von Literatur. Über 4000 Bände sollen sich einst im Dichterhaus befunden haben. Auch in der Veranda. Auf Knopfdruck führte Stefan Knüppel dorthin, von da zu Küche und Kinderzimmmer. Ein Kameraschwenk und schon rückten die Vitrinen mit den Erstausgaben in den Fokus. Noch ein Klick, und es präsentierte sich das Außengelände mit Dreiecksbeet von Anna Ditzen, Streuobstwiese, und Bienenhaus. Zu allem erzählte der Gast  ohne Stocken über den Mann, der sich beim Schreiben selber antrieb und für jedes seiner Romanprojekte eine klaren Plan hatte. "Er begann mit sechs Seiten am ersten  Tag. Weniger durften es am nächsten nicht sein, eher mehr. Wenn es gut lief, absolute Stille den Schriftsteller umgab, kamen bis zu 25 zusammen, alles handschriftlich. Das erklärt, wie ein 700-Seiten-Buch in fünf Wochen fertig war -  sein Autor aber auch", gab Dr. Knüppel Einblicke in den Schaffensprozess, der meistens hinterher auch Leidensprozess war, weil der Körper streikte. Der Vortrag war ein interessanter Abriss, der zwangsläufig ganz Unterschiedliches  berührte - den begnadeten Erzähler, liebevollen Vater, von Süchten gequälten Menschen, bei dem alles in einem Buch endete, was er anfing, wie es Hans Fallada selbst einmal sagte.

Die Ausstellung "Familienbilder" wurde bisher bereits in mehr als  15 deutschen Städten in Ost und West gezeigt. Sie hebt sich ab von den gewohnten Schauen, die der Kulturverein Wusterhausen viermal im Jahr organisiert. Werden in aller Regel nur die "Seh-Süchte" befriedigt, so sind die jetzt aufgehängten Exponate mit fast 250 Aufnahmen zwar auch üppig bebildert, die rechteckigen Banner fordern aber auch stark zum Lesen heraus. Wer sich darauf einlässt, wird belohnt. Er erfährt viel Interessantes über Hans Fallada und jene Menschen, die ihn in seinem nur 53 Jahre andauernden Leben umgaben. Das alles ist spannend. Bis zum 8. Juli  kann "Hans Fallada - Familienbilder" zu den Öffnungszeiten des Herbst'schen Hauses besichtigt werden. Eine Liste mit Titeln und Erscheinungsjahren all seiner Werke liegt zur Mitnahme bereit. Die Bibliothek hält etliche Titel zur Ausleihe vor. In manche der Bücher konnten die Besucher der Vernissage am Dienstag schon mal blättern. Sie präsentierten sich auf dem Klavier neben der Eingangstür. Gute Idee.

info

Die Ausstellung "Hans Fallada - Familienbilder" schöpft im wesentlichen aus den Beständen des Hans-Fallada-Archivs.  Auf 16 biografischen Tafeln und sechs Thementafeln wird mit Hilfe von 248, zum großen Teil erstmals veröffentlichten Fotos und Dokumenten, die Geschichte der Familie erzählt. Daran mitgearbeitet hat auch Achim Ditzen (77), jüngster Sohn von Hans Fallada.

 

 

Zitat: "Er begann mit sechs Seiten

am Tag. Weniger durften es

am folgenden nicht sein,

eher mehr."

Stefan Knüppel, Leiter des

Fallada-Hauses

 

 

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