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Kirche mit Bett und WC

Wusterhausen/Dosse, den 09.03.2012
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szmtag
08.03.2012

Tourismusverband Prignitz wirbt mit Barsikow auf der ITB für den Pilgerweg

BARSIKOW - Das Pilgern ist einer der aktuellen Urlaubstrends in der Prignitz. Davon geht zumindest der Tourismusverband Prignitz aus, wenn er dieser Tage auf der Internationalen Tourismusbörse (ITB) in Berlin seine Angebote präsentiert. Im vergangenen Jahr zählte man offiziell über 1000 Wanderer auf dem 130 Kilometer langen Weg von Berlin nach Bad Wilsnack. Dieses Jahr sollen es noch mehr werden. „Die Pilger sind durchaus nicht alle christlich motiviert“, schätzt Uwe Neumann als Geschäftsführer des Tourismusverbandes ein. „Die Naturschönheiten waren ebenso ein Beweggrund für sie wie die innere Einkehr oder der Wunsch, eine kurze Zeit auf einfache Art zu leben und der Zivilisationshektik zu entfliehen.“

Mehr und mehr stellen sich Tourismusanbieter der Region auf die Bedürfnisse der Pilger ein. Für ein ungewöhnliches Angebot aus Barsikow will der Tourismusverband auf der ITB ganz besonders werben: „Direkt am Pilgerweg von Berlin nach Wilsnack wird derzeit in Barsikow eine Herberge im sanierten Kirchturm fertiggestellt“, kündigt Uwe Neumann an. „Das gibt es in Brandenburg bislang sonst nirgendwo.“

Schon für Anfang April haben sich die ersten Bewohner des Barsikower Kirchturms angekündigt. Empfangen wird sie Klaus-Jürgen Grützmacher. Als Vorsitzender des Gemeindekirchenrats und aktives Mitglied des Freundeskreises Dorfkirche hat er ehrenamtlich die Betreuung des ungewöhnlichen Quartiers übernommen.

Das ist zwar schlicht, kann sich aber trotzdem sehen lassen. Seit 2005 läuft die Sanierung des Barsikower Gotteshauses. Die Schäden erwiesen sich teilweise als deutlich gravierender als befürchtet. „Das war alles so nicht geplant“, erzählt Grützmacher. Die Idee mit dem Pilgerquartier versprach aber nicht nur eine Nutzung der sonst meist leerstehenden Kirche, sondern auch zusätzliche Fördermittel. „Wenn das alles fertig ist, haben wir hier 500 000 Euro verbaut“, so Grützmacher. Vor allem im Kirchenschiff warten derzeit noch Malerarbeiten auf ihre Vollendung.

Im Pilgerquartier steht aber schon jetzt prinzipiell alles für die Beherbergung von Gästen bereit. Bettwäsche und Ausstattung für die kleine Küche müssen zwar noch komplettiert werden. Auch Tisch und Stühle fehlen. Aber mit Betten und Bettzeug sind die beiden Räume im Turm schon ausgestattet. Auch Duschen und WC – einmal im Turm und einmal direkt unter der Orgelempore – fehlen nicht. Lediglich die Temperaturen lassen noch deutlich zu wünschen übrig – eine Heizung gibt es nicht.

„Wir haben auch schon ’nen großen, neuen Schaukasten mit Telefonnummern und Ansprechpartnern“, sagt Grützmacher. Er begrüßt es ausdrücklich, dass der Tourismusverband in Berlin für Barsikow werben will. Zwar stehe das Quartier jederzeit auch kurzfristig zur Verfügung, aber eine Kontaktaufnahme vor der Ankunft sei zu empfehlen. „Wenn die Leute sich anmelden und sagen: ,Wir haben nichts zu essen dabei’, dann ist es auch möglich, dass wir was besorgen.“ Denn das Dorf verfügt weder über einen Laden noch über eine Gaststätte. Über ihr Serviceangebot wollen die Barsikower das ausgleichen.

Bezahlbar dürfte das Quartier im Kirchturm direkt unterm Glockenstuhl allemal bleiben: 12,50 Euro kostet die reine Übernachtung in einem der beiden Vierbettzimmer pro Person. Das ist so eine Art Selbstkostenpreis, denn für Bettwäsche und Sauberkeit sorgen die Gastgeber. Klaus-Jürgen Grützmacher sieht den Gewinn sowieso vor allem in der Werbung für das Dorf: „Wenn 100 oder 150 Pilger im Jahr hier Quartier nehmen, haben wir schon gewonnen.“
(Von Alexander Beckmann)