Volles Haus an einem Sonntag im Mai
Internationaler Museumstag und Festveranstaltung der Bibliothek lockten viele Gäste
Es ist Sonntag, der 18. Mai 2025. Das Wetter könnte besser sein, aber immerhin hat der Nieselregen des Vormittags aufgehört und die Temperaturen sind erträglich.
Badewetter ist aber anders und daher passte es für viele Unternehmungslustige, dass Museumstag ist und um 14.00 Uhr eine besondere Veranstaltung der Reihe Literatur-Café auf interessierte Lesefreundinnen und -freunde wartete:
Ab 10 Uhr öffnete das Haus am Markt 3 seine Pforten für individuelle Führungen und viele Gespräche.
Zahlreiche Gäste aus der Region und darüber hinaus kamen gezielt aufgrund des Museumsthemas.
Einige kombinierten den Besuch mit anderen Museen oder auch einem Zwischenstopp im Offenen Garten von Familie Hase in der Berliner Straße.
Die Dauerausstellung im Wegemuseum begeistert offensichtlich noch immer die Gäste. Viele meinten, dass sie gerne wiederkommen würden, um das eine oder andere Thema noch weiter zu vertiefen.
Vor allem in der „Waschtag“-Ausstellung entspann sich ein reger Erinnerungsaustausch zwischen Einheimischen und hier Geborenen anhand der Objekte, Bilder und Info-Tafeln.
Die Remise wurde so zeitweise zum Mitmach-Museum. Ein Gast half beim Entziffern des Textes auf der „Dampf-Waschmaschine“. So konnte die Marke identifiziert werden und kam die Bezeichnung „Volldampf“ ans Licht. Es handelt sich um ein farbiges Warenzeichen für das Produkt der Firma J.A. John aus Erfurt. - Damit haben wir neue Erkenntnisse zu diesem Museumsstück gewonnen. Solche Gäste lobt man sich.
In diesem Zusammenhang hier einige verlinkte Tipps für den fleißigen Hausmann, auch für Waschfrauen geeignet:
Museum digital - Rheinland Pfalz
Der Tag war auch ein kleiner Abschied, denn es war die letzte Gelegenheit, die Ausstellung „260 Jahre Hausgeschichte“ zu sehen.
Am Sonnabend, dem 24.5.2025, um 16 Uhr wird die nächste Sonderausstellung im Wegemuseum eröffnet.
Grafiken, Zeichnungen, Aquarelle und Fotos der Ausstellungen, die Annlie Zimmermann in der ganzen DDR zwischen 1956 und 1986 gestaltet hat. Ab 18 Uhr gibt es Hofmusik unter dem Titel: „Allet Jut“ mit Heiner Dröse aus Brandenburg.
Unter dem Titel:
„Ulf Miehe – Ein Sohn Wusterhausens, den die Erinnerung an seine Geburtsstadt nie losließ“
wurde des am 11. Mai 1940 in Wusterhausen geborenen einflussreichen und mehrfach prämierten Regisseurs, Filmemachers, Roman- und Drehbuchautors Ulf Miehe anlässlich seines 85. Geburtstags gedacht und sein Werk gewürdigt.
Die renommierten Berliner Autoren Karl Wolfgang Flender und Lutz Steinbrück gestalteten dazu einen Vortrag und eine Lesung aus dem Krimi: „Ich hab noch einen Toten in Berlin“.
Ulf Miehe ist nicht nur eine bedeutende Persönlichkeit Wusterhausens, weil seine Wurzeln hier liegen, sondern er setzte mit seinen Büchern seiner Geburtsstadt ein literarisches Denkmal. Beim Lesen ist immer wieder in zahlreichen Passagen seine große Verbundenheit mit seiner Geburtsstadt zu spüren.
Seine schriftstellerische Laufbahn setzte Anfang der 1960er Jahre in Westfalen ein. Er gab gemeinsam mit Gertrud Höhler den Band „Gedichte“ heraus.
Seine künstlerische Karriere begann Mitte der 1960er Jahre in Berlin (West). Bis 1969 arbeitete er dort als Journalist, Übersetzer, Synchronsprecher, Regieassistent und Statist beim Film. Im Jahr 1965 erhielt er ein Stipendium der Bertelsmann-Stiftung und 1967 des Berliner Senats.
In der Berliner Zeit veröffentlichte er unter dem Pseudonym Robert Artner Science-Fiction-Romane.
In seinem ersten eigenen Prosawerk „Die Zeit in W und anderswo“ (1968) beschreibt er in der titelgebenden Geschichte unter anderem seine Geburtsstadt.
Sein Bekanntheitsgrad stieg durch die Kriminalromane „Ich hab noch einen Toten in Berlin“ (1973),
„Puma“ (1976) und „Lilli Berlin“ (1981). Er wirkte als Drehbuchautor in den Reihen
„Der Fahnder“ und „Tatort“ mit, führte selbst Regie in einigen Filmen und erlebte den größten Erfolg mit seinem ersten Kinofilm „John Glückstadt“ nach einer Novelle von Theodor Storm.
Für diesen Film wurde er 1975 auf der Berlinale als Nachwuchsregisseur ausgezeichnet.
Er erhielt das Filmband in Gold.
Ulf Miehe verstarb am 13. Juli 1989 in München.
Zum Vortrag mit Lesung kamen etwa 40 Besucher in die Galerie Alter Laden.
Nach der Begrüßung durch die Museumleiterin Katharina Zimmermann und dem Verlesen des Grußworts des Bürgermeisters (als Ehrengast konnte Miehes Cousin Lutz Schindelhauer begrüßt werden) trat Bibliotheksleiterin Kerstin Jonas vor die Gäste, führte in die folgende Lesung ein und stellte die vortragenden Autoren vor.
Diese stiegen auch gleich ein in ihr Wechselspiel. Anhand des Romans „Ich hab noch einen Toten in Berlin“, dessen Passagen Lutz Steinbrück las, drang Karl Wolfgang Flender in die Persönlichkeit Ulf Miehes vor.
Wo findet sich in den Figuren der „echte“ Miehe? Wo betreibt er Selbstreflexion? Wo wird es sogar autobiografisch? Wo sieht man seine Wünsche und Träume aufblitzen; wo muss er sich Grenzen stellen?
Als Beispiel: Eine Hauptfigur des Romans muss erkennen, dass es schwierig, wenn nicht gar unmöglich ist, authentisch über Gangster zu schreiben, wenn man deren Milieu nicht teilt, nicht selbst Krimineller ist. Schon am Gangster-Jargon scheitert das Verständnis und somit die Authentizität.
Hier kommen Miehes Anspruch und Ehrgeiz, aber auch seine Zweifel und Grenzen zum Tragen. Trotz Versuchung, wenn man sich schon ein vermeintlich funktionierendes Verbrechen ausdenkt, es auch auszuführen, will er (natürlich) nicht vom Autor und Beobachter zum Täter werden.
All diese und andere Kämpfe der Figuren Miehes und die Facetten in der Persönlichkeit des Autors arbeitete
Karl Wolfgang Flender perfekt heraus und brachte Licht in die sich überlagernden Schichten von Dichtung und Wahrheit, von echten Empfindungen und Fragen; von Fantasie und Fiktion; von Wunsch und Wirklichkeit.
Das war spannend, das war ein Erlebnis. Steinbrück und Flender sind sehr gut eingespielt und man merkte ihnen die Freude am Thema Ulf Miehe an.
Auf die Frage: „Warum Miehe? Was fasziniert Sie ausgerechnet an ihm?“ muss Flender nicht überlegen. „Weil er der Erste war! Ulf Miehe war der erste deutschsprachige Autor des Noir- oder Hardboiled-Genres. Er hat diesen Stil in den deutschsprachigen Raum gebracht, noch bevor die englischen und amerikanischen Vorbilder hier übersetzt waren.“
Und weiter: „Auch wenn Wusterhausen nicht mehr so, wie zu Miehes Zeiten ist (1940er und 1950er Jahre – Anm. d. A.), ist es doch spannend, an seiner „Wiege“ zu sein, denn die Stadt tritt in jedem Roman in irgendeiner Form auf, ohne immer unbedingt prominent zu sein.“
Die Lesung endete überraschend mit Gedichten Miehes, die er als Jugendlicher schrieb und die sich seinem Vater, der Dosse und dem Klempowsee widmen. Hier zeigt sich ein früher, sehr empfindsamer, fast naiver Künstler, der noch nichts vom späteren Hauptwerk ahnen ließ.
Das Publikum war jedenfalls begeistert und spendete entsprechenden Applaus. Lutz Steinbrück und Karl Wolfgang Flender waren im Anschluss, wie schon in der zwischenzeitlichen Kaffee-Pause, gern zu Gesprächen und zum Signieren der eigenen Bücher und für eine Gästebucheintragung der Bibliothek bereit.
Lutz Steinbrück kündigte am Rande schon eine baldige Rückkehr nach Wusterhausen an. Dann als Gitarrist und Sänger.
Wir freuen uns und sind gespannt.
Bibliotheksleiterin Kerstin Jonas bedankte sich am Ende bei den beiden Gastautoren für das besondere
Ulf-Miehe-Programm sowie bei den vielfältigen Unterstützern, insbesondere beim Förderverein der öffentlichen Bibliotheken im Landkreis Ostprignitz-Ruppin e.V. und beim Kulturverein Wusterhausen e.V.